Je mehr ich zum Thema Landwirtschaft lese und recherchiere, desto mehr tolle, gemeinschaftsgetragene Lösungen finde ich. (Natürlich finde ich auch immer mehr Themen, die zum Verzweifeln sind, aber ich halte es hier ja mit dem Titel des Films Tomorrow – die Welt ist voller Lösungen!)
Eine dieser Herausforderung sind die aktuellen Bodenpreise für landwirtschaftliche Flächen. Die Preise sind mittlerweile so hoch, dass sich der Kauf einer Fläche nicht mehr in einer Generation refinanzieren lässt. Der Grund: Auch Land ist zum Spekulationsobjekt geworden und Menschen (vor allem außerhalb der Landwirtschaft) verdienen an Kauf- und Verkauf. Die steigende Nachfrage nach Energiepflanzen wie Mais, die in Biogasanlagen verbrannt werden, lässt die Kauf- und Pachtpreise zusätzlich steigen – und führt außerdem zu riesigen Reinkulturen. Bodenverdichtung, sinkende Artenvielfalt, Insektensterben, Überdüngung, Humusabbau – sicher hast du all diese Schlagworte schon gehört. Hinzu kommt, dass gerade JunglandwirtInnen und QuereinsteigerInnen, die keine Höfe geerbt haben, kaum eine Chance haben, an Land zu kommen – weder durch Kauf, noch durch Pacht.
Genossenschaftliche Lösungen
Aber: Es gibt doch einige Projekte, die sich diesen Herausforderungen mit gemeinschaftsgetragen Lösungen entgegenstellen. Ein paar davon möchte ich dir hier vorstellen und dich einladen, den Links zu folgen und weiterzulesen:
Neue Allmende – die Kulturland Genossenschaft
Die Kulturland Genossenschaft kauft – finanziert durch die Genossenschaftsanteile der Mitglieder – Land (Äcker, Weideland, Biotope, Wiesen und Hecken) und verpachtet diese langfristig und zu fairen Konditionen an landwirtschaftliche Betriebe, überwiegend regional eingebundene Höfe und solidarische Landwirtschaften. Sie bezeichnet dies als „Neue Allmende – gemeinschaftliches Bodeneigentum“ und legt viel Wert auf Naturschutzmaßnahmen und pädagogische Angebote vor Ort. Durch die Kampagnen für den Landkauf der Höfe (zuletzt zwei erfolgreiche Crowdinvesting-Kampagnen für die SoLaWis Luzernenhof und den LandKulturHof Klein Trebbow) entsteht wie beim Crowdfunding zudem eine lebendige Community um die Höfe herum. 85% der Mitglieder der Kulturland-Genossenschaft haben einen direkten Bezug zu einem der Höfe, für die Land gekauft wurde – das zeigt sehr schön das Ziel von Kulturland, Menschen und Höfe wieder näher zusammenzubringen. Vor allem NeueinsteigerInnen in die Landwirtschaft, die kein Land geerbt haben, können über diesen Weg Flächen zur Bewirtschaftung finden.
Miteinander, füreinander, gemeinschaftlich: Die Ökonauten in Berlin und Brandenburg
Einen ähnlichen Weg gehen die Ökonauten in Berlin und Brandenburg. Die 2015 gegründete Bürgergenossenschaft unterstützt vor allem JungbäuerInnen – denn auch in Brandenburg haben sich die Bodenpreise in den letzten Jahren verzehnfacht. Finanziert durch die Genossenschaftsanteile wird Land gekauft, das dann für die ökologische Landwirtschaft genutzt wird. Diese Betriebe stellen den Genossenschaftsmitgliedern einen Teil der Ernte zur Verfügung – es entsteht also ein zusätzliches Erzeuger-Verbraucher-Netzwerk, in dem auch Mitarbeit auf den Betrieben erwünscht ist. Den Ökonauten ist es wichtig, dass VerbraucherInnen wieder mehr Verantwortung in der Landwirtschaft übernehmen – ein Punkt, den ich persönlich auch als sehr wichtig erachte. Gefunden habe ich diese Genossenschaft übrigens über ein sehr schönes Projekt, die Walnussmeisterei von Vivian Böllersen, die auch Mitgründerin der Ökonauten ist.
Ackerland in Bürgerhand – die BioBoden Genossenschaft
Die BioBoden Genossenschaft, die aus der GLS Bank heraus entstanden ist, sichert Land für den Bioanbau, indem sie Flächen oder ganze Betriebe kauft und diese dann langfristig verpachtet oder selbst bewirtschaftet. Es ist auch möglich, Land gegen Anteile zu tauschen. Über die neu gegründete Bio Höfe-Stiftung können zudem ganze Höfe verschenkt und dauerhaft für den Biolandbau gesichert werden. Auch hier wird jungen Bäuerinnen ohne Grund & Boden eine Möglichkeit geboten, in die Landwirtschaft einzusteigen.
Regionalwert AGs – Bürgeraktien für Projekte entlang der Wertschöpfungskette.
Die Regionwert AGs sind regional organisierte Bürgergenossenschaften, die ökologische Projekte entlang der Wertschöpfungskette finanzieren. Es gibt momentan fünf – eine Übersicht führt die Seite Regionalwert Treuhand, die auch AGs in Gründung berät und die verschiedenen Akteure vernetzt. AG heißt übrigens Aktiengesellschaft – BürgerInnen erwerben Aktien (Bürgeraktien), mit dem eingenommenen Kapital werden ökologische Projekte “vom Acker bis zum Teller” finanziert – also nicht nur aus der Landwirtschaft, sondern auch im Bereich Handel, Lebensmittelhandwerk und Gastronomie. Die Aktionäre, also BürgerInnen und Bürger, werden dadurch Teilhaber an den Projekten, in die investiert wird. Ziel ist auch hier, VerbraucherInnen und ErzeugerInnen einer Region wieder näher zusammenzubringen und Betriebe zu stärken, die ökologisch wirtschaften.
Gemeinschaftsgetragene Landkauf-Lösungen in ganz Europa
Wenn dich dieses Thema jetzt gepackt hat: In Deutschland gibt es das Netzwerk Flächensicherung e.V., das mit der Berliner Erklärung auch politische Forderungen zusammengefasst hat. Auf Europa-Ebene ist die Initiative Access To Land aktiv.
Diesen Artikel habe ich am 30.8.2019 überarbeitet und ergänzt.