Dein Fundingziel bzw. deine Zielsumme festzulegen ist beim Crowdfunding eine der wichtigsten, aber auch eine der schwierigsten Aufgaben. Spätestens hier bist du nämlich gezwungen, dein konkretes Projekt und deine Kampagne durchzukalkulieren! Kombiniert mit der Laufzeit ergibt sich aus deinem Fundingziel das typische Crowdfunding-Setting: „Nur wenn wir es schaffen, 10.000€ in 40 Tagen einzusammeln, können wir unser Projekt umsetzen!“
Es gibt aber auch die Möglichkeit, mehrere, aufeinander aufbauende Zielsummen (also gestaffelte Zielsummen) festzulegen – und hier hat sich 2021 vor allem auf der größten deutschen Crowdfunding-Plattform Startnext einiges getan. Aus diesem Grund habe ich diesen Blogbeitrag im Januar 2022 überarbeitet.
Zu den Begriffen: Ich spreche von gestaffelten Zielsummen oder auch stretch goals, Startnext hat das ganze “Fundinglevel” genannt und gibt diese leider vor – dazu weiter unten mehr.
Warum gestaffelte Zielsummen bzw. Fundinglevel?
Gestaffelte Zielsummen sind eigentlich für jede Art von Projekt möglich und eine gute Sache, um die Crowd zu motivieren, das Projekt erfolgreich(er) zu machen. So erhältst du auch nach Erreichen der 100% (=Zielsumme bzw. Startlevel) die Dynamik einer Crowdfunding-Kampagne, den „Wettbewerbscharakter“. Bei einigen Kampagnen führen stretch goals dazu, dass UnterstützerInnen sich stärker als MultiplikatorInnen engagieren und versuchen, noch mehr Leute zum Unterstützen zu motivieren. Bei anderen Kampagnen erhöhen die UnterstützerInnen eher ihren Unterstützungsbetrag oder buchen zusätzliche Gegenleistungen.
Gestaffelte Zielsummen kannst du unterschiedlich nutzen und kommunizieren – hier zwei Beispiele:
- Du kommunizierst die stretch goals von Anfang an auf deiner Kampagnenseite. Das findest du besonders häufig bei Kickstarter-Kampagnen, die z.B. eine Liste wie die folgende veröffentlichen: Zielsumme 10.000€ für Albumproduktion, bei 12.000€ zusätzliches Booklet, bei 15.000€ zusätzliches Stickerset, bei 25.000 zusätzliches Livevideo auf der CD, bei 45.000€ zusätzlich große Release-Party. Damit kannst du deine Crowd motivieren, ein Projekt überzufinanzieren, um die Gegenleistungen und das Projekt in einer höherwertigen oder umfangreicheren Version zu realisieren.
- Du legst dir die stretch goals vorher fest, kommunizierst sie aber erst im Laufe der Kampagne (z.B. kurz bevor du die 100% erreicht hast). Du kannst deine Crowd auch direkt einbinden und mit ihr zusammen ein nächstes Ziel festlegen, das ihr dann gemeinsam versucht zu erreichen.
Für gestaffelte Zielsummen kann, muss es aber keine technische Lösung auf der Plattform geben – du kannst sie einfach auch nur im Text, im Video und generell in deiner Kommunikation benennen.
Startlevel und Fundinglevel
2021 hat Startnext die Möglichkeit, zwei Fundingziele zu setzen, abgeschaltet, und stattdessen das Start- und darauf aufbauende Fundinglevel eingeführt.
Das Startlevel ist das alte Fundingziel, also der Betrag, den du mindestens einsammeln willst. Es muss bei mindestens 100€ liegen, kann aber individuell von dir festgelegt werden. Ist das Startlevel erreicht, ist die Kampagne zu 100% finanziert – danach schlägt die Plattform weitere Finanzierungsziele vor, die sogenannten Fundinglevel. Du kannst sie nicht festlegen, sondern sie werden nach der Fibonacci-Folge automatisch eingeblendet – bei allen Kampagnen.
Diese Lösung bedeutet, dass auf Startnext mittlerweile jedes Projekt mit gestaffelten Zielsummen startet, die aber, weil sie technisch vorgegeben sind, nicht unbedingt sinnvoll für das Projekt sind. Angenommen, du benötigst 10.000€, um dein Album zu finanzieren (Startlevel). Du weißt, dass du für 7000€ zusätzlich noch ein Musikvideo produzieren könntest. Erreicht deine Kampagne die 10.000€, blendet Startnext automatisch das nächste Fundinlevel ein: 14.400€. Dabei würde es viel mehr Sinn machen, das zweite Ziel auf 17.000€ zu legen.
Das Resultat dieser technischen Lösung ist, dass die gestaffelten Zielsummen, die für dein Projekt sinnvoll sind, nicht unbedingt mit denen zusammenpassen, die die Plattform vorgibt – damit gilt es leider umzugehen. Ich rate Projekten immer, die für das Projekt sinnvollen Finanzierungsschritte im Kampagnentext niederzuschreiben, und dann auch in der Kommunikation mit der Crowd zu nutzen.
Stretch goals unbedingt kalkulieren
Wenn du stretch goals nutzt, die dein Projekt höherwertiger oder umfangreicher machen, ist es wichtig, dass du die stretch goals gut kalkulierst und dich nicht in der Dynamik deiner Kampagne dazu hinreißen lässt, irgendetwas zu versprechen. Das gilt sowohl für die Kosten, als auch für die Auswirkungen z.B. auf den Realisierungszeitraum oder den Versand. Eine CD mit Booklet und Stickerset braucht vermutlich länger in der Produktion, ist aufwendiger zu verpacken und schwerer im Versand als eine CD in der einfachsten Ausführung. Es ist außerdem ratsam, stretch goals eher in kleinen Schritten zu setzen, wie in dem Beispiel mit der Albumproduktion gezeigt, und die Crowd Schritt-für-Schritt zum nächsten Ziel mitzunehmen. Das motiviert mehr, als nach den erreichten 10.000€ sofort die 45.000€ für die Release-Party knacken zu wollen.